#PhantastikPrompt zum Weltmännertag am 03.11.2025
Wann ist ein Mann ein Mann?
Die einfache Definition nach aufgeklärten Standards ist natürlich: Wenn er sich als solcher fühlt. Da gibt es auch gar nichts zu disktutieren.
Schwieriger wird es, wenn ich einen Charakter schreiben will, der sich als Mann definiert, der einen Helden darstellen, sympathisch sein und als Love Interest attraktiv sein soll, ohne ihn mit stereotypen oder gar toxisch männlichen Attributen auszustatten. Plus: Ich möchte für diesen Charakter bei einem cis-Hetero-Mann bleiben. Denn für die ist es gerade am schwierigsten neue Rollen(vorbilder) zu finden, die eben auch von Menschen angenommen und sogar gemocht werden können, die bisher mit Stereotypen sozialisiert sind. Und das brauchen wir dringend!
Davor stehe ich bei meinem aktuellen Projekt. Und je tiefer ich in die Geschichte und auch in die Charakterdynamiken einsteige, umso mehr wird mir bewusst: Das ist gar nicht so leicht. Ein erster, einfacher Ansatz ist die Vertauschung von Rollenklischees: Dann wird ER halt von IHR gerettet. Dann ist SIE halt der Haudrauf mit Muskeln und erschwertem Zugang zu ihren Emotionen. Er ist dafür vielleicht ein fürsorglicher Liebhaber und Familienvater. Das gibt es schon ein paarmal in der Fantasyliteratur und ein paarmal ist es auch erstmal erfrischend.
Ein guter erster Ansatz, aber dann reicht es irgendwie nicht.
Das ist eine Gratwanderung, die auch schnell meine eigenen internalisierten Stereotype aufdeckt: Es fällt mir tatsächlich schwer einen Mann attraktiv zu finden, der zu passiv ist und körperlich – naja Muskeln sind halt schon was Feines. Und vom Love Interest gerettet werden? Seufz! Schon romantisch. Alles andere: Er soll sich kümmern um Menschen, die er liebt, seiner Partnerin auf Augenhöhe begegnen etc. Das sind ja keine Eigenschaften, die ihn als Helden hervorheben sondern absolute basics! Auch das reicht einfach nicht!!!
Wie löst mensch das?
(Kleiner Exkurs: Mir fällt dabei gleich meine guilty Pleasure Serie Bridgerton ein (ich greife hier mal nur einen der diversen hochinteressanten Diskussionspunkte der Serie heraus). In der dritten Staffel ist es gelungen eine tolle Protagonistin zu skizzieren, die sich typisch weiblichen Rollenklischees an vielen Punkten entzieht. Ihrem männlichen Gegenpart wurden toxisch männliche Stereotype weitgehend entfernt. Soweit so gut. Ihm blieb aber quasi nur der eher stereotype Vorsprung an sexuellen Erfahrungen. Sonst wussten die Showrunner scheinbar kaum was mit ihm anzufangen. Er durfte eigentlich fast nix mehr machen, nichtmal so richtig rollenumgekehrt dem emotionalen Support übernehmen. Rachefeministisch betrachtet vielleicht ein Statement, aber um es zu genießen fehlte mir die Balance.)
Das zeigt vor allem eins: wenn wir alle klassisch männlichen Eigenschaften wegnehmen und einem Mann nur stereotyp weibliche Eigenschaften geben, bleibt halt nicht so viel tolles über, weil? Misogynie! Viele herausragende Eigenschaften sind männlich konnotiert, außer passiver Selbstaufopferung *hustnosferatukotz* (hab ich an anderer Stelle schon drüber gerantet) bleibt frau im Klischee wenig übrig, um als Heldin dazustehen. Heldinnen zu schreiben ist einfach: Mensch gibt ihnen einfach ein paar gute Eigenschaften, die sonst eher männlich assoziiert sind. Das fällt auch kaum auf, weil es solche Heldinnen ja tatsächlich immer gab, weil Männer diese Eigenschaften eben NICHT gepachtet haben.
Aber Helden?
Die Lösung kann wohl nur sein, eine Mischung aus männlichen und weiblichen Stereotypen zu schreiben und hoffen, dass die nicht stereotyp passenden Attribute wahrgenommen und normalisiert werden und am besten irgendwo Plotrelevanz haben, um zu zeigen, dass die Abkehr von Stereotypen positiv ist, weil sie zu Lösungen führt, die sonst nicht möglich wären (z. B. der Held braucht zwar kämpferisches Geschick und Körperkraft, um ein paar Geiseln zu befreien. Aber die verängstigten Menschen folgen ihm nur, weil er auch empathisch mit ihnen umgehen kann, statt zu brüllen: „Ihr seid frei! Raus hier! Rennt!“)
Ein paar Dynamiken sind mir eingefallen, die man literarisch gut darstellen könnte und die klassische, teils toxische Klischees aufheben, die mich in manchen Fantasywerken schon öfters gestört haben:
Weniger Alleingänge für den Helden, Zurückhaltung um der Sache willen, ein guter Teamworker sein, der den Ruhm im Zweifel lieber anderen überlässt, Hauptsache das Abenteuer wird gut gelöst.
Helden, die nicht nur um Helden zu sein das größte Risiko auf sich nehmen, sondern vielleicht auch jemand anderen das Risiko übernehmen lassen, wenn es logischer und erfolgsversprechender ist und auf sich nehmen mit den Schuldgefühlen zu leben, wenn es schief geht.
Der Ruhm sollte nicht nach Überwindung der Krise aufhören: Helden sind nicht nur die, die die Krise meistern, sondern auch beim Aufräumen helfen. Ob realer Krieg, oder Actionfilm. Die Phase nach dem Chaos wird gern ausgeblendet, obwohl da viel heldenhaftes passiert. Vielleicht auch gerade, weil da wieder Frauen viel der Arbeit stemmen (teils weil die Helden alle in der Krise gefallen sind, teils weil es die wenig wertgeschätzten, weiblich konnotierten Fähigkeiten sind, die dann relevant sind: körperlich und seelisch Verletzten helfen, mit viel Empathie und meist wenig Anerkennung, Wiederaufbau unter erschwerten Bedingungen, wenn (noch) kaum jemand Energie hat, sie dafür zu feiern.)
Hier fällt mir auf, dass es auch nicht nur um Fähigkeiten und Aufgaben im Plot/Abenteuer geht, sondern auch darum andere Lebensbereiche zu beleuchten, die im klassischen Plots häufig als langweiliger Alltag oder „Danach ist doch alles ok“ weggelassen werden. Wie wäre es, dort mehr Geschichten spielen zu lassen? Die Welt wird nicht nur in der Krise gerettet, sondern jeden Tag dazwischen am Leben erhalten.
